empfindet man nicht so stark, wenn man sich in ihrer Mitte befindet. Kind, was bist du groß geworden – kaum eine Mutter oder ein Vater wird dies zum eigenen Kind sagen, wohl aber Tante und Onkel, die nur alle paar Jahre zu Besuch kommen. So ähnlich geht es mir mit unserem Tierheim. So viele Entwicklungen hat es schon erlebt, stetige Verbesserungen. Doch weil ich nach Möglichkeit wenigstens zweimal im Jahr dort bin, fällt es mir gar nicht mehr so auf, was sich alles getan hat. Das menschliche Gehirn verdrängt die schlechten Dinge und so muss ich mir schon bewusst in Erinnerung rufen, wie schrecklich die Zustände einst waren, als wir unsere Arbeit in Miercurea Ciuc begannen. Wenn ich an all die Hunde an Ketten denke, an fehlende Impfungen, grassierende Krankheiten, Hunde mit schlimmer Haut, unkastrierte Hunde nicht nach Geschlechtern getrennt, an winzige, überbelegte Zwinger, die vielen Kämpfe unter den Hunden, an Hündinnen, die im Tierheim immer wieder trächtig wurden, ihre Welpen in das Elend gebaren, um sie dann wieder an Staupe und Parvo zu verlieren, an unversorgte Verletzungen und einsam sterbende Hunde… dann sehe ich die Entwicklungen ganz deutlich vor mir und freue mich, wohin wir schon gekommen sind (dennoch muss es noch weiter gehen, besser werden). Hin und wieder ist es wichtig, zurück zu schauen, um nicht nur an den noch vor uns liegenden Aufgaben und Schwierigkeiten zu verzweifeln, sondern um auch wahrzunehmen, was sich dank der treuen Unterstützung unserer Spender und Mitstreiter schon alles zum Guten gewendet hat.
Entwicklungen nehme ich aber immer auch dann wahr, wenn mir Vergleiche vor Augen geführt werden. Ich war ja mit „meiner kleinen Reisegruppe“ in Rumänien unterwegs. Meine Tochter (alter Hase), eine Freundin von ihr, eine Freundin von mir, die bisher unsere Arbeit nur aus Erzählungen kannte und deren Tochter. Zuerst stand MC auf dem Plan. Da waren sie bereits beeindruckt von all den vielen Hunden, die nach Zuneigung betteln oder auch erstmal am Zaun Theater machen, bis man dann reingeht und sie zu anhänglichen Schmusern werden. Sie waren betroffen, dass so viele nette Seelen dort darauf warten, dass das Leben vielleicht doch noch mehr zu bieten hat als eine saubere Unterbringung und ausreichend Futter. Aber sie genossen den Aufenthalt auch, wie eigentlich jeder, der das Tierheim in MC besucht. Es dauerte nicht lange, da schwärmten die Mädels aus, verbrachten viel Zeit bei den Welpen und Junghunden und auch erwachsenen Lieblingen. Manchmal saßen sie auch stundenlang einfach nur auf einer der Terrassen in den Zwingern und genossen die Nähe und die Ruhe, die einkehrt, wenn man sich die Zeit nimmt, bis die erste Aufregung der Hunde über den Besuch sich gelegt hat. Zwischendurch, wenn das Wetter eklig war und die Füße und Hände kalt wurden, belagerten sie Sabine und Melis Küche und lasen in ihren mitgebrachten Büchern, um dann irgendwann wieder zu „ihren“ Hunden aufzubrechen.
Pauline war ganz verknallt in die Agents

Aber auch hier ließ es sich gut entspannen

Emily glücklich
Jessy im Zwiegespräch

Nach drei Tagen wechselten wir die Location und fuhren nach Sighisoara. Dort besuchten wir sowohl das private Tierheim der Tierschützerin Mona Fernengel, wie auch das kleine städtische Auffanglager (welches inzwischen zum Glück ebenfalls von Mona geleitet wird). Vor einigen Jahren habe ich dieses Tierheim bereits einmal mit Anja und Jaqueline besucht und hatte den städtischen Bereich, der damals noch nicht unter Monas Leitung stand, in schlimmer, sehr schlimmer Erinnerung. Aus Berichten von Nina Schöllhorn, die mit dem Tierärztepool auch dort öfter Kastrationsaktionen durchführt, wusste ich, dass sich durch Monas Initiative die Dinge dort bereits deutlich verbessert hatten, dass die Hunde ausreichend versorgt und medizinisch adäquat betreut werden.
Nichtsdestotrotz machte sic h augenblicklich große Betroffenheit breit, als wir vor der Primaria (TH der Stadt) aus dem Auto stiegen. Daran konnte auch Monas herzlicher Empfang nicht viel ändern, obwohl ich mich natürlich sehr gefreut habe, sie wiederzusehen. Ich versuchte mich auf das zu konzentrieren, was sich verbessert hat. Die Hunde hatten ausreichend Trockenfutter, die Zwinger waren zwar aktuell schmutzig, was daran lag dass der Arbeit einen Graben wegen eines Hochwasserproblems schaufelte, man sah aber, dass es ausschließlich frischer und kein alter Kot war, was auf regelmäßiges Säubern schließen ließ, der Welpenbereich ist inzwischen überdacht und im Gespräch mit der Tierärztin wurde klar, dass die Hunde gut durchgeimpft werden, Staupe quasi nicht mehr auftritt und Parvo nicht mehr so viele Opfer fordert wie früher. Ich konnte diese Entwicklungen wahrnehmen, weil meine Erinnerung an früher den Unterschied aufzeigte. Meine Begleiterinnen aber, die allesamt noch nie dort waren, waren ausnahmslos völlig geschockt. Es flossen sehr viele Tränen, sogar meine Emily musste weinen, obwohl sie wirklich viel gewöhnt ist. Sie war entsetzt, dass die Hunde in nahezu mikroskopisch kleinen Zwingern untergebracht sind. In der Primaria wird nicht in einen Ausbau investiert, da dort eine Brücke gebaut wird und es nicht klar ist, ob die Unterbringung der Hunde dort weiter bestehen bleiben kann.
Frontansicht der Primaria
Zu viele Junghunde für die kleine Anlage, die wegen fehlender Alternativen im Gang wohnen

Gitter, Gitter, Gitter

Lebensraum?
Die Ängstlichen wussten gar nicht, wohin mit sich
Emily traurig-verliebt in den tollen Kerl
Wir blieben nicht lange, denn eine Stimmung wie in MC konnte gar nicht erst aufkommen. Niemand fand die Ruhe, sich länger in einem Zwinger aufzuhalten und einfach das Dasein zu spüren. Selbst wenn man es mental geschafft hätte, so wäre es schon alleine räumlich kaum möglich gewesen. Die ängstlichen Hunde litten schier unter unserer Anwesenheit, da sie aufgrund des fehlenden Platzes keine räumliche Distanz zu uns einnehmen konnten. Völlig fertig mit den Nerven war vor allem meine Freundin Frauke, die ausgerechnet in dieser Szenerie gleich am Eingang über einen Welpen stolperte, der bis aufs Haar ihrer vor einigen Jahren verstorbenen Herzenshündin gleicht. Alle Dämme brachen in dem Moment. Die Anstrengungen der Reise, die neuen Eindrücke, die gesammelten Erfahrungen in MC, der Anblick der Anlage in Sighisoara, die immer hämmernde Frage „was kann ich tun, um zu helfen“, all dies brach in dem Moment, als sie auf diesen kleinen Hund auf den Arm nahm, aus ihr heraus und sie war kaum zu trösten.
Frauke und das kleine Schicksal...
Wir fuhren weiter ins Tierheim im Ortsteil Albesti , welches Monas Verein seit Jahren privat betreibt. Dort hat sich seit meinem letzten Besuch nichts verändert. Drei Jahre hat Mona Geld gesammelt, um weitere leerstehende Stallgebäude angrenzend an die, welche ihr Tierheim beherbergen, kaufen zu können. Nun war es vor einiger Zeit endlich soweit, der Kauf konnte über die Bühne gehen. Doch damit waren die finanziellen Reserven aufgebracht und kein Geld mehr da, um mit wichtigen Baumaßnahmen zu beginnen und den Platz für die Hunde nutzbar zu machen. Daher ist alles noch beim Alten. Saubere, aber sehr einfache, recht kleine (im Vergleich zur Primaria jedoch wiederum große) Zwinger mit Innen- und Außenbereich und leider auch noch immer Bereiche, die den Hunden keine Möglichkeit geben, nach außen zu wechseln, so leben viele im Dunkeln. Immerhin werden diese Hunde vom Pfleger aber gruppenweise in den inneren Auslauf geschickt, damit sie auch ans Tageslicht kommen. Dennoch verbringen sie den größten Teil ihres Lebens in Dunkelheit. Mona berichtete mir, dass sie nach dem Kauf verzweifelt war und nicht wusste, wie es weitergehen sollte. Auch die Transporte liefen nicht mehr so häufig wie früher. Obwohl Kirsten Heinzel mit dem Verein Vagabonzi e.V. aus Norddeutschland ihr nach allen Kräften durch die Vermittlung von Hunden hilft, nahm die Hundezahl zu, da andere Vereine ihr nicht mehr so viele Hunde abnahmen wie früher. Und aus dem neu gewonnenen Platz konnte sie wegen des fehlenden Geldes nun nicht einmal etwas machen. Sie hoffte inständig auf Hilfe und nachdem sich lange nichts tat, öffneten sich plötzlich mehrere Türen. Ein kleiner Verein in Gründung aus der Nähe von Ingolstadt wurde auf sie aufmerksam, vermittelt nun einige Hunde und hat bereits Baumaßnahmen geplant. Auch Josef Zihlmann von Starromania war einige Tage vor unserer Ankunft bei ihr im Tierheim, erzählte sie. Er hat bereits einige Bereiche ausgemessen und Starromania wird für einige bauliche Maßnahmen sorgen. Ich freue mich, dass Mona diese Hilfe erhalten wird, sie kämpft seit Jahren in Sighisoara für die Tiere und es ist maßgeblich ihr zu verdanken, dass diese Stadt schon seit vielen Jahren keine Hunde mehr tötet und auch die grausamen Zustände in der Primaria ein Ende gefunden haben.
Um auf „meine kleine Reisegruppe“ zurückzukommen, die Tränen versiegten auch in Albesti nicht. Vor allem Pauline, Fraukes Tochter, liefen die Tränen unaufhörlich die Wangen herunter, während sie in dem Gang zwischen den Zwingern saß und zu versteinert war, um eine der Türen zu öffnen.
Außengang in Albesti
Innenbereich in Albesti, die Zwinger an der linken Wand haben keinen Durchgang nach draußen
Auch diese Truppe freut sich sicher auf den Ausbau
Es gab noch einen schönen Abschluss in der Pizzeria zusammen mit den Mädels aus Ingolstadt, sowie Mona und der lieben Eli, die immer alles so wunderbar für uns organisiert, wenn wir dort sind und uns stets als Dolmetscher zur Seite steht.
Wir haben natürlich auch in den Tagen noch viel und oft gesprochen, über die unterschiedlichen Erlebnisse in MC und Sighisoara. Wie angenehm die Atmosphäre in MC geworden ist, wie wichtig es ist, dass wir diese Situation bewahren und noch weiter verbessern.



fürs dran teil haben lassen.