by Anke Süper » Fri 27. Mar 2015, 00:00
Hallo Simone,
ich selbst kann die Frage der Interessenten gut nachvollziehen - aus den verschiedensten Gründen.
In Deutschland ist die Kastration nicht nur Gott sei Dank auf dem Rückzug sondern bei gesunden Hunden sogar per Tierschutzgesetz verboten.
§6: Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres.
Ausnahmen sind zulässig bei vorhandenen Erkrankungen (nicht zur evtl. Verhütung) und zur Vermeidung unkontrollierter Vermehrung, also z.B. bei frei lebenden Straßenhunden. Selbst hier gibt es aber mittlerweile Fachmeinungen, die statt Kastration zur Sterilisation raten. Da Organe und Hormone bei der Sterilisation vollständig erhalten bleiben und nur die Eileiter oder Samenstränge durchtrennt werden, ist einerseits für die Verhütung gesorgt, anderseits darf sich das Tier aber physisch und psychisch weiter entwickeln und erwachsen werden. Außerdem wird das Risiko der nach Kastration auftretenden Folgeerkrankungen (Haut- und Fellveränderungen, Inkontinenz, Osteoporosen, hormonelle Erkrankungen wie Hypothyreose, Cushing Syndrom...) minimiert. Im Übrigen wird argumentiert, dass man das Sozialgefüge der Straßenhunde durcheinander bringt, wenn ranghohe Tiere kastriert werden und dies abgesehen von den "Unruhen im Sozialgefüge" nur dazu führt, dass sich eben rangniedrigere Tiere einfinden, die sich decken. Würde man dagegen sterilisieren, würden die Ranghohen weiterhin das "Deckrecht" für sich in Anspruch nehmen und die übrigen nicht "dran lassen".
Das Argument der weniger häufigen Mammatumoren ist mittlerweile in der Hinsicht widerlegt, dass zwar bei einer Kastration vor der ersten Läufigkeit weniger Mammatumoren auftreten, dafür aber das Risiko anderer Tumorarten signifikant zunimmt. Und diese sind meist bedrohlicher und schwerer zu behandeln. Das ist auch logisch. Denn Krebs ist eine systemische Erkrankung. Die Veranlagung dazu, dass Zellen entarten liegt im Körper. Die lässt sich nicht weg operieren. Und wenn die Milchleiste nicht mehr das Ziel des Krebses ist, dann sind es vielleicht Darm, Leber, Lunge, Knochen....
Im Auslandstierschutz ist das natürlich ein echt schwieriges Thema, weil das Management von potenten Hundegruppen im Tierheim kaum zu bewältigen ist. Allerdings sehe ich das bei den Pupsies, die früh schon ausreisen, tatsächlich so, dass die Nachteile einer Frühkastration deutlich überwiegen. Eine Geschlechtertrennung wäre ja nicht von Anfang an erforderlich, sondern nur vielleicht eine kurze Zeitspanne zwischen Geschlechtsreife und Ausreise - und bei Sterilisation statt Kastration vielleicht gar nicht.
Das Argument, dass man verhindern möchte, dass Halter hier in Deutschland eine Vermehrung zulassen, finde ich ebenfalls nicht haltbar. Denn wer vermehren WILL, der tut das auch. Der holt sich denn eben woanders einen Hund - und vielleicht unterstützt er damit sogar noch unseriöse Hundehändler. Außerdem sage ich mal ganz provokant, dann müsste man als aller erstes das gewollte Züchten von Hunden verbieten. Als verantwortungsvoller Hundehalter sollte es möglich sein, eine Hündin alle 6-9 Monate für rd. 5-7 Tage unter Kontrolle zu halten - und bei Sterilisation ja nicht einmal das.....
Ich habe mir daher auch schon ganz dolle gewünscht, dass hier ein Umdenken statt findet. Für mich selbst käme als Hund in meinem Haushalt oder Rudel definitiv keine Frühkastration in Frage. Ich finde es so traurig, wenn die Hunde ewige Pupsies bleiben müssen. Und noch viel viel trauriger sind natürlich die immer wieder vorkommenden Sterbefälle, weil die Narkose nicht verkraftet wurde.