Eine Kuh zum Frühstück
Es dauerte beinahe 2 ½ Jahre, bis ich
Frauchen endlich überzeugen konnte, was
richtig und gut für mich ist. Schon in meiner
Kinderstube wurde ich unter anderen mit
diesem ach so
„praktisch-krümelig-trockenen“-Zeugs
gefüttert. Kaum bin ich bei meiner
unbepelzten Familie eingezogen, gab es
ausschließlich „praktisch-krümelig-trocken“.
Nun ja, da ich ein echter Terrier bin, und
Terrier wirkliche Allesfresser sind, aß ich
mit großem Appetit. Mein robuster
Terriermagen brauchte ca. 1 Jahr um zu
rebellieren. Kein Unbepelzter ahnt, was es
bedeutet, mit dem wenigen Speichel eines
Wolfserben das „praktisch-krümelig-trocken“
zum runterkriegen zu bekommen. Im Bauch geht
es dann weiter. Hier wird
„praktisch-krümelig-trocken“ zu
„klumpig-klebrig-kompakt“. Nach diesem ersten
Jahr fing dann die Zeit an, die Frauchen
gerne als Odyssee bezeichnet.
Ich verarbeitete „praktisch-krümelig-trocken“
einfach zu „spritzig-hinten-raus“. Nach
mehrmaligen Tierarztbesuchen und
entsprechenden Untersuchungen befand man mich
medizinisch gesehen als gesund. Nur, dass ich
eben „spritzig-hinten-raus“ produzierte. Und
machte mir keiner rechtzeitig die Tür auf,
landete „spritzig-hinten-raus“ eben drinnen.
Frauchen und Herrchen, sonst gar nicht dumm,
waren wirklich bemüht um mein Wohlergehen.
Der „böse Futtersack“ wurde fluchs zum
Hersteller, zwecks genauer Analyse, zurück
geschickt. Mir wurde in Unmengen Reis mit
Putenfleisch gekocht. Der Reis trieb die
Blase beinnahe zum platzen. Und wieder
klappte das rechtzeitige Türaufmachen nicht
immer!
Schließlich wurde von meinen Unbepelzten ein
„neuer besserer Futtersack“ organisiert. Mit
einer 100-Tage dauernden Futterumstellung
wurde allmählich und ganz langsam
„spritzig-hinten-raus“ zu
„wurstig-hinten-raus“. Mein Magen ist
wirklich robust, und deswegen dauerte es sage
und schreibe 5 weitere Monate, bis ich wieder
„spritzig-hinten-raus“ produzierte. Jetzt nur
noch heftiger als jemals zuvor. Jede Nacht
musste ich 1-2 Mal und tagsüber x-Mal mehr
als sonst raus. Das war nicht nur für
Frauchen eine Odyssee.
In dieser Zeit entwickelte Frauchen beinnahe
ein freundschaftliches Verhältnis zur
telefonischen Futterberatung. Die beiden
telefonierten in Hochzeiten sogar mehrmals
täglich miteinander. Es ist schon
verwunderlich, mit welchen Begründungen der
ein oder andere Fall von
„spritzig-hinten-raus“ und dessen Ursache
erklärt wird. Eine Unverträglichkeit auf die
eine oder andere Fleischsorte, zu große
Futtermenge und andere ähnliche Argumente.
Oder mit welcher Begründung eine große
Häufchenmenge gerechtfertig, ja sogar für gut
verkauft wird. Wobei doch jedem klar sein
sollte: Je mehr Müll man frisst, desto größer
sind auch die Abfälle „hinten-raus“.
Teilweise sollen Hunde - wohlgemerkt, die mit
den Reißzähnen - mit Pflanzenfresser-Futter
abspeist werden, wo wir doch eher jene
Pflanzenfresser selber fressen. Frauchen
erschien das alles durchaus plausibel.
Abermals schloss sich die schon oben erwähnte
100-Tage Futterumstellung an. Mit dem
„wurstig-hinten-raus“ klappte es diesmal nur
mäßig. Frauchen kapitulierte am 98. Tag.
Besser spät als nie fing sie an zu begreifen,
dass „praktisch-krümelig-trocken“ eben nichts
für meinen Hundemagen ist.
In ihrer Not startete Frauchen einen Hilferuf
in einem Internetforum. Wobei man hierbei
unbedingt qualifizierte Beiträge von jenen
Beiträgen von übermotivierten „Halb- bis
Garnichts-wissenden“ trennen sollte. Aber das
ist Frauchen durchaus zuzutrauen. Sie hat ja
inzwischen viel Erfahrung mit Absurditäten
zum Thema „spritzig-hinten-raus“. Erneut
nahte Hilfe. Der Postbote brachte wiedermal
einen „neuen-noch besseren Futtersack“.
Wirklich hochwertig! Wirklich teuer! Wirklich
gut! Jedenfalls konnte ich wieder
„wurstig-hinten-raus“ zum Besten geben. Aber
dieses Futter wollte plötzlich ohne
Vorwarnung „spritzig-vorne-raus“. Frauchen
schrubbte einen Teppich nach dem anderen. Ich
wurde beschimpft und fühlte mich ungerecht
behandelt.
1.000 km Autofahrt waren schließlich nötig,
um zwei Unbeplezte zu treffen, die Frauchen
den Schubs in die richtige Richtung gegeben
haben. Wieder zuhause angekommen, habe ich
persönlich dann den entscheidenden
Rest-Schubs gegeben. Zugegeben, der war
deutlich. Und ich habe es ja definitiv nicht
böse gemeint. Der Zufall kam mir auch zur
Hilfe, doppelt sogar. Frauchen und meine
beiden Miniherrchen hatten einen engen
Zeitplan. Nach dem Mittagfressen der
Unbepelzten mussten wir schnell ein
Miniherrchen mit dem Auto zum Schwimmkurs
bringen. Ich durfte mit, damit ich ohne viel
zusätzlichen Zeitaufwand zu einem
Minispaziergang kommen sollte. Anschließend
sollte ich zu Hause abgesetzt werden und der
Rest meines unbepelzten Rudels wollte den
St.-Martins-Zug besuchen. Soviel zum Plan.
Vor dem Schwimmbad, im Auto wartend,
überraschte mich ein „spritzig-vorne-raus“,
mitten ins Auto. Oh, welch eine Schmach. Den
Spaziergang, so knapp er ausfallen sollte,
konnte ich vergessen. Erst musste das Auto
wieder blitzen. Die verschmutzen waschbaren
Teile des Autos steckte Frauchen in die
Waschmaschine. Die jedoch streikte mit der
Begründung F19. Hätte Frauchen den Hilferuf
der Waschmaschine bemerkt, hätte sie
sicherlich auch nicht die ungewaschenen
Sachen in den Wäschetrockner getan. Die
Sauerei war irrsinnig. Der Geruch war
allgegenwertig. Nicht nur im Keller, nein, im
ganzen Haus.
Endlich heckte Frauchen mit Hilfe eines
professionellen Kuhfängers d e n Schlachtplan
gegen meinen Verdauungstrakt aus. Zunächst
wurden Frauchen vom Kuhfänger die Leviten
gelesen. Es fielen Worte wie untergewichtig,
stinkt, Fellqualität und –farbe nicht
optimal, Zahnstein, … Das reicht, ein Penner
bin ich schließlich nicht. Aber die
Tiefkühltruhe vom Kuhfänger roch so
verlockend, dass ich das ohne Mühe
tolerierte. Frauchen wurde ordentlich mit
Futter beladen. Ich bekomme jetzt die Ration
eines stattlichen Rottweiler-Rüden, da ich
aufgrund meiner Vorgeschichte eher schmächtig
ausfalle. Na, wenn sich das nicht positiv auf
meinen Brustkorb auswirkt. Aber am
wichtigsten ist, ich bin echt begeistert von
dem Fressen und mit dem „hinten-raus“ klappt
es auch.
Übrigens, Frauchen nennt es BARFen. Soll sie
es nennen wie sie möchte. Ich nenne es „eine
Kuh zum Frühstück“. Und danke an den
Kuhfänger; nicht das ich die Kuh nicht selber
hätte fangen können!
Louis der Gourmet-Terrier
Quelle: www.motivierter-hund.de

