Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

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Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby annetteM » Sat 6. Apr 2013, 17:35

Vielleicht kann hier jemand kompetent helfen.
Am Wochenende helfe ich im Tierheim, unter anderem gehe ich mit Hunden zum Hundetraining. Aktuell gehe ich mit einer ängstliche Listenhündin (pitbullmix), die schon länger dort ist. Leider können die Listenhunde nur vermittelt werden, wenn sie den "Wesenstest" bestehen. Sie mußte im letzten Jahr den Test abbrechen, da sie zurückgewichen ist, als der Tester in bedrohlicher Haltung mit langem Stock in der Hand auf sie zuging... :shock: :x
Hunde haben eben "neutral" zu reagieren. Sie darf aber solange aus dem Tierheim nicht vermittelt werden, bis sie den Test besteht.
Emi hat viele Ängste, die sich aktuell noch verschlimmern. Vor unbekannten Geräuschen, Brücken, Tunnel, Autos(extrem), alles, was sich schnell auf sie zubewegt.Wegen, die sie nicht kennt, heute konnte ich sie noch nicht mal mit Wurst beim üblichen Training locken, Jedesmal wenn meine Hand -wie üblich- das Wurststückchen für "Fuß" etc zu sehen war, ist sie zurückgewichen. Auf der Strasse bleibt sie oft zitternd stehen ... usw usw. Im Tierheim dreht sie sich oft ewig im Kreis, der Schwanz ist schon ganz abgenagt :cry:
Es ist ja überhaupt nicht abzusehen, wann sie jemals das Tierheim verlassen darf. Dabei ist sie eine ganz liebe Hündin (wir haben viel ängstlichere Hunde), die sicher in vertrauter Umgebung aufblühen und ihre Ängste verlieren würde.-Ich könnte vor Wut über diese Verordnungen manchmal ausflippen.

Hat jemand Erfahrung mit medikamentöser Behandlung (als Neurologin habe ich hiermit keine Berührungsängste)?
Clomipramin?Fluctin?
Wäre dankbar für gute Ratschläge, viele Grüße, annetteM
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Re: Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby Sandi_Daxi » Sat 6. Apr 2013, 18:44

Wurde sie denn mal komplett untersucht? Ich denke dabei auf evtl. Nährstoffmängel (Vitamin B, auch Vitamin D Mangel kann Ängste auslösen oder verstärken). Fehlfunktionen der Schilddrüse gehen ebenfalls mit Ängsten einher. Auch eine subklinische SDU kann Probleme machen. Sorry, falls das schpn abgeklärt wurde. Ist nur ein Hinweis.

Mit den genannten Mitteln hab ich keine Erfahrung.
Liebe Grüße
Sandra

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Re: Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby JuliWi » Sat 6. Apr 2013, 19:32

Schau Dir mal Zylkene an, ist für Hunde und Katzen.

Erfahrung habe ich damit nicht, und ganz grundsätzlich ist es in der Situation des Hundes wohl schwierig bis geschätzt unmöglich, mit Pillen den Hund soweit stress- bis angstfrei zu bekommen, dass der Wesenstest bestanden werden kann. Kann der Hund denn auch nicht in eine externe Pflegestelle mit Sachkunde, eingezäuntem Grundstück, Führungszeugnis....? Jemanden, der die Auflagen erfüllt, kann man doch bestimmt öfter mal gut gebrauchen...
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Re: Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby Anke Süper » Sat 6. Apr 2013, 19:57

Hallo Annette,

der bessere Weg - aber meist hat man ja keine Wahl :( - wäre ein Prüfer mit Sachverstand. Denn diese Aussage, sie dürfen nicht zurückweichen, kenne ich zwar, finde ich aber ehrlich gesagt ziemlich inkompetent und sieht auch nicht jeder Prüfer so. Sie dürfen nicht "nach vorne" gehen und aus Angst angreifen. *Hmmmpff*

Generell gibt es natürlich verschiedene Wege, Hunde sanft zu unterstützen. Mit sanft meine ich z.B. individuelle Bachblütenmischungen, Homöopathie, auch Phytotherapie (Heilpflanzen) wie z.B. alle beruhigenden Kräuter (Hopfen, Baldrian & Co.). Aber dass damit aus dem von Dir beschriebenen Hund spontan ein "prüfungstauglicher" und völlig unerschrockener Hund wird, wäre Illusion. Damit kann man bestenfalls die Trainingssituationen unterstützen, wenn Hunde vor lauter Angst gar nicht auf Training ansprechbar sind.

Wirklich "zudröhnen" medikamentös ist für den Hund eine Tortur, weil er dennoch Angst hat, nur nicht entsprechend reagieren kann. Und damit macht man sich sicher auch angreifbar und unglaubwürdig, falls es irgendwie bemerkt würde.

Gibt's keinen guten THP in der Nähe, der unterstützen kann? Manche arbeiten doch auch ehrenamtlich oder zum Selbstkostenpreis im Tierschutz.
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Re: Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby Constanze Haag » Sat 6. Apr 2013, 20:22

ich glaube, annette meint nicht, dass der hund für die prüfung unter medikamente gesetzt werden soll, sondern dass evtl ein medikament das angsttraining unterstützen soll. annette als neurologin ist sicher auch klar, dass es ein medikament sein muss, was wirklich angstlösend wirkt und nicht einfach nur schachmatt setzt und die ängste sind dann doch noch da. man müsste wirklich jemand finden, der mit der anwendung von psychopharmaka beim hund erfahrungswerte hat. ich denke, darauf zielte annettes frage ab.

den vorschlag von julia mit der ps mit sachkunde finde ich toll.

@annette, ich finde es ganz wunderbar, dass du mit den hunden ins training gehst. ich hoffe, dass diese maus irgendwann den test besteht. magst du mal bilder von ihr zeigen und ein bisschen von ihr erzählen.
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Re: Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby JuliWi » Sat 6. Apr 2013, 20:27

Zylkene zielt genau darauf ab: es soll angstlösend wirken, damit der Hund während der Therapiedauer besser lernen kann, die angstmachenden/stressenden Reize zu verarbeiten. Es bedröhnt nicht und taugt nicht für die kurzfristige Gabe. Befürchtung aus der Praxis ist, dass ein Hund, der seine Angst nicht mehr so wahrnimmt, vielleicht eher Aggressionen zeigt und nach vorne geht.
Aber das muss man im EInzelfall halt ausprobieren. Abgesehen von Tierheilpraktikern gibt es ja auch Hundetrainer und Tierärzte, die entsprechend spezialisiert sind und vielleicht Erfahrungen mit irgendwelchen Medikamenten haben. Da würde ich auch mal gezielt nach suchen und solche Leute befragen.
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Re: Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby Constanze Haag » Sat 6. Apr 2013, 20:35

also ich persönlich finde zylkene ja albern, aber das muss man selbst ausprobieren :-).

genau darüber habe ich auch grade nachgedacht, julia, ob ein hund, der was angstlösendes bekommt, evtl eher nach vorne geht. sicher ist das nicht generell die gefahr. wenn es vernünftig von kompetenten personen eingeschätzt und begleitet wird. aber auf jeden fall ein wichtiger aspekt, dass mit sowas nicht von laien "rumexperimentiert" werden soll. (@annette - mit rumexperimentieren meine ich nicht dich!)
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Re: Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby Sandi_Daxi » Sat 6. Apr 2013, 21:05

So albern ist das mit Zylkene nicht. Der wirksame Stoff (Alpha-Casozepin) darin ist eine Aminosäure. Es gibt einige Studien und in der Literatur findet man dazu auch sehr viel, dass die spezifische Einnahme von bestimmten Aminosäuren z.B. bei Depressionen positive Wirkungen hat. Auch ist es bekannt, dass Suchtkranke davon profitieren etc. Um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Allerdings ist diese Vermarktungsart von Zylkene sehr albern. Denn dass es beruhigende und stimulierende Aminosäuren gibt, ist ja nix neues. Nur würde es die meisten Kunden vermutlich überfordern, wenn man ihnen die Funktionsweisen von Aminosäuren erklären würde. Und so kommen die halt mit der marketingfreundlicheren "Muttermilch-marketing" daher.

Im Internet kann man darüber lesen, dass der Wirkstoff an den GABA Rezptoren andockt. Da ist die Frage ob man nicht gleich GABA gibt (preiswerter?). Man findet leider nicht so viel deutsches zu Alpha-Casozepin im Internet. Wer da mehr weiß, ich finde sowas immer sehr interessant. :wink:

Hier sind ein paar Details erklärt. Keine Ahnung wie seriös diese Seite ist, aber sie setzt sich kritisch damit auseinander.
http://naturheilt.com/blog/schafmittel-milch-sanatranquiact/
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Re: Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby JuliWi » Sat 6. Apr 2013, 21:08

Tja, ich kenne das Zeug in der Anwendung nicht, nur die Packungsbeilagen. Als es auf den Markt kam, wurde wie immer Brimborium darum gemacht. Ob es hält, was es verspricht, weiß ich nicht.
Aber wenn schon Psychopharmaka im Gespräch sind, kann man es ja mal erwähnen...
Wichtiger fände ich, die Tierheimsituation für einen solchen Hund zu beenden. Nun gut, da wird man sicherlich auch schon drüber nachgedacht haben, ob man das ermöglichen kann.

LG Julia
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Re: Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby Constanze Haag » Sat 6. Apr 2013, 21:10

sandra, ich bestreite die zusammenhänge nicht, auf deren grundlage zylkene entwickelt wurde. ich finde das zeug nur völlig überbewertet.
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Re: Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby Sandi_Daxi » Sat 6. Apr 2013, 21:13

ich hab mir nur gedacht ich lass die foris mal unaufgefordert an meinem (halb)wissen teilhaben und hab einen kleinen erklärungsausflug gemacht. :lol:
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Re: Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby JuliWi » Sat 6. Apr 2013, 21:22

Sandra, die GABA_Rezeptoren sind nicht soo spezifisch, GABA kann man kaufen, aber der Wirkstoff von Zylkene ist ja nicht GABA, sondern ein Casein-Hydrolysat. So einfach wird es also nicht sein, leider..
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Re: Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby JuliWi » Sat 6. Apr 2013, 21:23

Conny, die Entwicklung und Patentierung von Medikamenten kostet reichlich viel Geld, das muss doch wieder rein?!! :mrgreen:
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Re: Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby Sandi_Daxi » Sat 6. Apr 2013, 21:37

JuliWi wrote:Sandra, die GABA_Rezeptoren sind nicht soo spezifisch, GABA kann man kaufen, aber der Wirkstoff von Zylkene ist ja nicht GABA, sondern ein Casein-Hydrolysat. So einfach wird es also nicht sein, leider..

ich weiß das in zylkene kein gaba ist, hab ich doch geschrieben. der wirkstoff von zylkene ist alpha-casozepin. deswegen würde mich interessieren was man noch darüber weiß.

deinen ersten satz versteh ich grade nicht. du meinst, an die gaba rezeptoren docken auch andere neurotransmitter an?

ich würd halt lieber eine aminosäure geben, die gut erforscht ist und die auch natürlich vorkommt, als irgendein peptid, dass so für ein bestimmtes lebensalter gar nicht mehr vorgesehen ist. die natur hat sich schon was dabei gedacht.
aber ich lass mich da gern vom gegenteil überzeugen. nur findet man im netz wenig drüber, was einen wirklich schlau macht.
Liebe Grüße
Sandra

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Re: Medikamentöse Behandlung - Angst bei Hunden

Postby Bianca und Jill » Sat 6. Apr 2013, 22:17

Hallo Anette,

schwieriges Thema, ein Angsthund im Tierheim ist ja schon ne mittelschwere Katastrophe. Kontinuität wäre für den Hund sicherlich absolut notwendig, was ein Tierheim meist gar nicht leisten kann.
Ich weiß ja nicht, wie groß das Tierheim ist, in dem die Hündin sitzt. Wie viel Stress herrscht dort? Da wäre vielleicht ein kleineres Tierheim auch die sinnvollere Wahl.

Ideal wäre in der Tat eine geeignete Pflegestelle. Wir versuchen das ggf. mit einer Zeitungsanzeige. Ein Mal wöchentlich mit einem solchen Hund zu trainieren, ist zu wenig, letztendlich müsste das Hündchen in einen regelmässigen Ablauf herein, um Veränderungen herbei zu führen, sonst fängt man am Tag 7 immer wieder von vorne an oder eben eine Person, die sich täglich mit dem Hund beschäftigt. Für den Hund wäre dahingehend Stabilität sehr wichtig, aber woher nehmen? Ich verstehe das schon. Ich sehe in erster Linie als Ziel das regelmässige Training mit nur einer Person, das wäre der Idealfall und auch nur dann wäre ggf. ein Medikament sinnvoll, was aber bei geregeltem Ablauf meist nicht notwendig ist.

Weshalb ein Hund den Test nicht bestehen sollte, weil er zurückweicht, wird sich mir nie erschließen und wird hier auch gottseidank nicht so gehandhabt, weder in Köln noch in Leverkusen.

Berichte mal weiter, ob für die Hündin eine Lösung gefunden werden kann.

Toi, toi, toi-Grüße
Bianca
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