"Rückgabe"

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"Rückgabe"

Postby annetteM » Wed 22. Nov 2006, 23:49

Guten Abend, ich habe sehr interessiert den thread "Hundebilder" verfolgt, besonders berührt war ich darüber, daß ihr auch Hunde wieder zurückbekommt (mit der vermittelten Sanne hier in Heidelberg gab es ja kurz auch einige Probleme und BP hat wirklich rasch und kompetent geholfen, das Hundemädchen konnte bleiben :D ).
Emotional ist die "Rückgabe" eines Tieres für mich nur sehr schwer nachzuvollziehen, es sei denn, es fühlt sich im Rudel auch nach längerer Zeit sehr unwohl
Gerade die "schwierigen" Tiere berühren uns doch in der Tiefe unseres Herzens-ihre Angst, Ambivalenz,Bedürftigkeit, ihr vorsichtiges tasten. Der Zauber, der davon ausgeht, wenn für einen kurzen Augenblick eine Brücke zwischen Mensch und Tier vorhanden ist, eine Tür einen Moment aufgeht-da möchte man die Zeit und den Atem vor Glück anhalten.
Unsere Welt läßt uns gerne in dem Glauben, daß nur die schnellen Erfolge zählen und Beziehungen beliebig wechselbar sind. Aber ich kann ganz sicher sagen, daß es-nicht nur im Umgang mit Tieren- die Erfahrungen aus schwierigen Beziehungen sind , die uns größer und erwachsener machen.
Und jetzt geh ich noch ein bißchen putzen-der Alltag der "schwierigen "Beziehungen :wink: -Katzenmax hat nämlich den Schlafanzug meines Mannes markiert-will sagen , daß er der Boss hier ist und einer der anderen Katzenherren hat in die Waschmaschine und den Trockner gepieselt :shock: :x
Gute Nacht,annetteM
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Postby Rosale » Thu 23. Nov 2006, 07:44

Es gibt bestimmt Gründe ,wo man ein Tier auch zurückgeben darf.
Das gesamte Rudel muß sich ja miteinander wohl fühlen und mögen.
Ich glaube diese Entscheidung macht sich niemand sehr leicht.
Vielleicht gibt es ja Probleme ,die man einfach nicht bewältigen kann.

Also Nomi gebe ich nicht mehr her :D
Liebe Grüße
Heike
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Rückgaben

Postby ilona scheidt » Thu 23. Nov 2006, 07:49

Es ist sicher nicht ganz leicht, für "Hunde-Anfänger" die Aufnahme eines ehemaligen Straßenhundes mit ihren Folgen abzuschätzen...die Leute sind ja oft so voll guten Willens, sie wollen ihre Tierliebe nun endlich ausleben, dem "armen geschundenen Geschöpfchen zeigen, daß es Liebe und Fürsorge " gibt - und werden oft erst einmal zurückgewiesen - das kränkt einfach und man kann gar nicht umhin, es zunächst einmal völlig persönlich zu nehmen - und Kränkung der eigenen Eitelkeit nimmt auch nicht jeder gut auf. Vor allem, wenn einer dann ja schon mal einen Welpen mehr oder weniger erfolgreich aufgezogen hat oder eben einen anderen, nicht so geprägten Hund hatte.
Dazu kommt, daß das im voraus schon völlig idealisierte Hundi vielleicht erst mal in einer Stillen Ecke hinter dem Sofa sitzen will, fressen will ohne daß man ihm zuguckt oder - wie Cloudy anfangs -nach jedem Pinkeln hektisch aufspringt, weil es zuvor im Zwinger beim Lösen gleich gemobbt wurde.
In grauer Vorzeit habe ich mal einen Platz für einen Hund gesucht, da sagte mir eine potentielle Interessentin, daß sie aber keinen Hund wollte, der erst mal trauert - OK, das wars dann....
Dann muß man auch als "neue Adoptiveltern" uU erleben, daß sich der Hund eine andere als die gedachte Bezugsperson aussucht - auch kränkend....daß der Hund anfangs zurückweicht, wenn man ihn anfaßt - auch kränkend....
Der Frust, der sich dann uU aufbaut, führt zu Spannungen und damit zu neuen Ängsten beim neuen Hund - auch kränkend...
dann pinekelt der neue Hund eventuell dahin, wo es für ihn sicher ist - ermüdend....
und dazu kommen dann noch vielleicht alle die Dingen, an die man nie gedacht hat, wie nicht alleine bleiben, Beißen usw.....
Und das Lob der Umwelt über das eigene vorbildliche Verhalten läßt auch mal nach...
Und manchmal "paßt" es einfach nicht von der Chemie her- Profis wissen das, gutwillige Neulinge oft nicht.
Und ganz zum Schluß kommt noch vielleicht, daß einem das Verhalten des Hundes Seiten bei einem selbst aufzeigt, die man lieber nicht gewußt hätte. Der Täter nimmt einem Opfer ja auch oft übel, daß "es ihn so weit gebracht hat"....zB "wenn es nicht dauernd geweint hätte....."
Es ist nicht jedermanns Sache, einen ängstlichen Hund erst mal kommen zu lassen nicht jeder kann die kleinen Anfragen und zarteh zeichen des Hundes lesen, nicht jeder ist glücklich, wenn der Hund erst nur mal ein wenig gefressen hat, wenn sich das Gesichtchen aus der Ecke in den Raum richtet.
Nicht jeder fühlt sich dabei wohl, den Hund ruhig und fest anzupacken, ihm ruhig und ohne Spannung zu sagen "das muß jetzt " (Baden, Leine usw.) und zu begreifen, daß klare ruhige Ansagen besser ankommen als Gesülze wie "du brauchts doch keine Angst haben"--denn die hat er.
Ist jetzt lang geworden. sorry, ich laß es trotzdem .Dafür schreib ich ja sonst nicht so viel....
Ilona
ilona scheidt
 

Postby annetteM » Thu 23. Nov 2006, 23:22

Liebe Ilona, vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Du hast die Probleme wunderbar zusammengefasst.
Unsere Tiere sind immer auch ein Spiegel unserer selbst, sie werfen uns auf uns selbst zurück und sagen auch etwas aus über unsere eigenen Bedürftigkeiten. Ich erlebe das oft im Umgang mit meinen Katzen und den Streunern, die wir füttern, die ja in viel größerem Maß eigenständig sind.
Ich finde es auch legitim zu sagen:"ich will ein Tier, damit ICH Freude habe". Unsere Nachbarin hat sich gerade ein Rassekätzchen gekauft und auf meine erstaunte Frage, warum sie keines vom Tierschutz nehme gesagt, ihr ginge es gerade persönlich schlecht, sie wolle ein Tier , daß mit Sicherheit schmusig sei.
Ihr alter, immer sehr trauriger Hund, den wir gerade einschläfern mussten, kam aus einem TH und hat nie eine wirkliche Beziehung zu der Familie aufbauen können. Aber er konnte bleiben und wurde geliebt und mit Respekt bis an sein Lebensende behandelt, auch wenn er die in ihn gesteckten Erwartungen nicht erfüllt hat. Darin steckt wirkliche Tierliebe und innere Größe.
Beziehungen-ob zu Menschen oder Tieren-funktionieren nicht nach marktwirtschaftlichen Gesetzen.Sie sind ein großes Wagnis mit ungewissem Ausgang und sie sind nicht "einforderbar". Mag sein, daß man sehr viel investiert ohne zu gewinnen. Mag sein, daß wir etwas unverdient geschenkt bekommen. Für mich persönlich geht jedenfalls (und ich hatte 40 Jahre lang keine Tiere) seitdem ich mit meinen -nicht einfachen-Tieren lebe, jeden Tag eine ganz große Tür auf.
Lieben Gruß aus Heidelberg,annetteM

PS Ich hatte heute ein Erlebnis, das mich sehr berührt hat. Ein junger Patient, 15, der aufgrund seiner psychischen Behinderung zu Menschen keinen Kontakt aufbauen kann, berichtete, er wünsche sich nichts mehr als einen ganz eigenen Hund (die Familie hat bereits 2 Familienhunde), da er sich sicher sei, dann endlich einen Freund zu haben
annetteM
 


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