Der Grund für meinen Besuch in MC lag diesmal unter anderem in einem Gespräch mit dem Vizebürgermeister von MC, um welches wir dringend gebeten hatten. Vizebürgermeister deshalb, weil in Rumänien immer die Vizebürgermeister für das Thema Streunerhunde zuständig sind. Nach den ganzen schrecklichen Ereignissen in den letzten Monaten in vielen Teilen Rumäniens und der Ankündigung seinerseits, die Zone 1 in einen städtischen Auffangbereich zu wandeln, brannte es uns unter den Nägeln, in einem ruhigen Rahmen mit ihm darüber zu sprechen, was sich für uns und die Hunde denn nun konkret ändern würde. Zuvor hatte es für uns zum Glück keinerlei Anlass gegeben, um die Hunde im Tierheim MC bangen zu müssen, aber die Umwandlung der Zone 1 ließ das Grauen trotz seiner Aussage „Es bleibt alles beim Alten“ irgendwie näher rücken. Es war also dringend vonnöten, sich Klarheit zu verschaffen.
Damit man das alles besser versteht, muss man nochmal auf die aktuelle gesetzliche Situation in Rumänien schauen. Das „neue Gesetz“ von dem im Internet nun immer die Rede ist, ist eigentlich kein Gesetz, sondern eine Dringlichkeitsverordnung zur Umsetzung des Gesetzes Nr. 155/2001 „Bewilligung des Programms für die Verwaltung der Hunde ohne Besitzer“ sowie die nachträglichen Änderungen und Ergänzungen, genannt in Nr. 227/2002. Dieses schon seit 2001/2002 existierende Gesetz erlaubt die Tötung von Hunden ohne Besitzer nach 14 Tagen Aufenthalt in einem staatlichen Tierheim. Es gibt in Rumänien auch ein Tierschutzgesetz (von 2007 oder 2008, ich müsste nachschauen), welches die Euthanasie gesunder Hunde untersagt. Ihr erinnert euch, dass es immer wieder Abstimmungen im Parlament darüber gab, ob nun getötet werden darf oder nicht. Dabei ging es immer darum, ob nun das Gesetz von 2001/2002 zum Umgang mit Hunden ohne Besitzer oder eben das Tierschutzgesetz höher anzusiedeln sei, welches der beiden also das andere quasi in Bezug auf die Tötungen aussticht. Letztendlich hatte Rumänien sich leider für die Erlaubnis der Tötung entschieden. Am 23.12.2013 wurde dann von der Regierung (nach dem schrecklichen Tod des Jungen Ionut in Bukarest) die Dringlichkeitsverordnung veröffentlicht, die ich oben genannt habe. Sie regelt nun sehr strikt die Umsetzung des Gesetzes von 2001/2002. Sie verpflichtet alle Städte und Kommunen, ein Programm zur Bekämpfung des Streunerhundeproblems zu entwickeln. Es müssen geschätzte Zahlen der Streuner ans Landwirtschaftsministerium übermittelt werden. Die Städte sind verpflichtet, alle streunenden Hunde einzufangen, mit folgender Priorität: öffentliche Plätze, dann Wohngebiete, dann Peripherie. Die Städte sind verpflichtet, eine Auffangstation zu betreiben, kleinere Orte können dazu mit anderen kooperieren, die Station muss sich aber innerhalb eines bestimmten Radius befinden. Nach 14 Tagen Aufenthalt kann der Hund getötet werden. Muss nicht. Außer die Kapazitäten sind erschöpft. Und die Kapazitäten sind genau vorgebenen, denn für Tierheime gibt es EU-Bestimmungen. Das hat vorher niemanden interessiert, aber in der Dringlichkeitsverordnung steht das nun explizit nochmal drin, dass diese eingehalten werden müssen. Es stehen in der Verordnung nicht nur schlechte Sachen. Es ist auch darin festgehalten, dass die Privatleute ihre Hunde kastrieren lassen müssen. Bis 1. Januar 2015. Ausnahmen sind zB Rassehunde oder Arbeitshunde, aber auch von denen müssen sie bei der Behörde melden, wenn es einen Wurf gab und die Anzahl der Welpen. Es gibt also durchaus auch Dinge in der Verordnung, die man als Tierschützer lange ersehnt hat, aber es ist eben nicht möglich, eine Verordnung zu mögen, die auch das Töten beinhaltet. Außerdem hat sie eines in Rumänien entscheidend verändert. Zwar war auch früher schon das Töten erlaubt und hat auch stattgefunden. Doch durch die Dringlichkeitsverordnung findet das Einfangen und Töten in weiten Teilen des Landes nun so gezielt und umfangreich statt, als hätte sich das Land in ein Schlachthaus verwandelt. Das lässt jetzt schon wieder viele schreckliche Bilder in mir hochkommen. Doch ich möchte nun dennoch von dem Treffen im Rathaus berichten.
Am Gespräch nahmen für Brunopet Meli, Tina und ich teil, Tibi als offiziell für das Tierheim zuständiger Tierarzt, Johanna war als Übersetzerin sehr wichtig. Von Seiten der Stadt nahm außer dem Vizebürgermeister noch der für die Umsetzung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Streunerproblematik beauftragte Herr teil. Dieser war es auch, der uns in Empfang nahm und sich schon mal mit uns an den Tisch setzte. Der VizeBM kam nämlich etwas zu spät, was eigentlich nicht schlecht war, da sich der mit den Umsetzungsmaßnahmen betraute Herr als recht sympathisch herausstellte. Schnell merkte man, dass er sich fundierte Gedanken zum Thema Privathundekastrationen gemacht hatte. Er hatte gute Ideen zu dem Thema, wie man die Leute dazu bringt, diese Auflage auch wirklich rasch zu erfüllen. Es wurde deutlich, dass ihm für die Umsetzung teilweise noch die Lobby im Stadtrat fehlt, aber es scheint nicht hoffnungslos, dass man vielleicht auf ihn hören wird.
Dann kam der VizeBM, begrüßte uns und erläuterte noch einmal, wie er die Zone 1 nutzen wird. Alle Hunde, die eingefangen werden, werden zunächst in Zone 1 untergebracht (wie bisher). Sie werden zunächst auf die Stadt registriert. Sie bekommen einen Chip, werden geimpft und kastriert (wie bisher). Sollte nach 14 Tagen kein Besitzer gekommen sein und der Hund auch nicht anderweitig privat adoptiert worden sein, adoptiert ihn die Fundatia. Er wird dann auch auf die Fundatia registriert, die Fundatia ist dann damit Eigentümer. Die Verordnung schreibt übrigens vor, dass Hunde sowohl an ihre Besitzer wie auch an Adoptanten nur kastriert herausgegeben werden dürfen. Die Kosten dafür muss weiterhin Brunopet tragen, auch dann, wenn der Hund innerhalb der ersten 14 Tage vor Ort adoptiert wird und noch auf die Stadt registriert ist. Ich sags mal so, das ist sozusagen Bestandteil des „deals“, dass alles so bleibt, wie es bisher war. Lediglich die Kosten für die Tollwutimpfung wird die Stadt übernehmen.
Das Thema Tötungen haben wir dann noch einmal konkret in den Raum gestellt. Der VizeBM erklärte daraufhin, dass nicht getötet werden soll. Auf unsere Frage, was denn wäre, wenn die Hunde nicht von der Fundatia übernommen und von uns nach Deutschland gebracht würden, die Kapazitäten also demnach irgendwann überschritten werden würden, war die Antwort auch sehr klar. Dann bliebe natürlich nichts anderes, als doch zu töten…
Damit ist klar, dass die Transporte leider wichtiger sind denn je. Die Transporte und die Kastrationen der Privathunde. Meli sagte neulich „Meine ganze Hoffnung, liegt in diesem einen Abschnitt der Verordnung, der Kastration der Privathunde“. Dieser Satz hallt noch immer in meinem Ohr, weil er die ganze Wahrheit enthält. Es ist die einzige Hoffnung, die man im Moment haben kann. Wir haben im Gespräch daher noch einmal verdeutlicht, wie wichtig wir die Umsetzung dieser Regelung finden und darum gebeten, dass wir gemeinsam – die Stadt und Brunopet – daran arbeiten. Der VizeBm sicherte uns seine Unterstützung zu und legte gleich einen Termin für eine gemeinsame Pressekonferenz fest. Sie soll den Bürgern die Kastrationspflicht deutlich machen und sie aufrufen, die Kastrationsaktionen zu nutzen. An dieser Konferenz werden der VizeBM, Tibi, Meli und Johanna teilnehmen.
Am Ende haben wir lächelnd und erleichtert das Rathaus verlassen. Auch Tibi war sehr zufrieden mit dem Gespräch. Natürlich ist uns bewusst, dass der VizeBM stellvertretend für die Stadtverwaltung einen ganz anderen Blick auf die herrenlosen Hunde hat, als wir. Wir sind uns dessen gegenseitig bewusst. Ja, sie würden den Überbestand töten, wenn wir nicht da wären. Aber wir sind da. Sie könnten sie töten, obwohl wir da sind. Aber das tun sie nicht. Wir sind weit davon entfernt, uns wie in einem rosa Märchenschloss zu fühlen. Das Elend lauert überall. Aber als wir nach dem Gespräch zwischen den Hunden im Tierheim gesessen haben, hatten wir das Gefühl, dass wir es doch schaffen, die Hand über sie zu halten.


Ein Hoch Euer Diplomatie !!!
geklemmt.