Stellungnahme Frühkastration

[Susanne Hauptmann]

Ich habe diese spannende Diskussion aufmerksam verfolgt und finde es toll, das alle Beiträge sachlich geblieben sind - so habe ich mal wieder viel dazu gelernt - man könnte als Fazit festhalten, dass auch die Erkenntnisse der Medizin von "Modeerscheinungen" stark beeinflusst werden und man als Patient/Hundehalter auch mal aufs eigene Bauchgefühl hören sollte. Übrigens hatte ich bereits vor 40 Jahren meinen ersten Hund - damals war Kastration noch kein Thema!

[Charlotte_Egger]

Mir tun halt auch die unkastrierten Hunde leid, die gerne möchten und nicht dürfen. Das ist ja auch nicht gerade nett...
Bei mir stellte sich die Frage eh nie, da mit Ausnahme der ersten Hündin alle aus dem Tierschutz kamen.

[Britty]

In einer idealen Welt mit weder so vielen Menschen noch so vielen Tieren (Hunden) und viel Platz für alle wäre das mit dem kastrieren kein Thema, denn es würde kein Stess sein. Da aber mittlerweile hier so viele Hunde leben und nicht immer bei durch und durch kompetenten Menschen gäbe es nicht nur im Auslandstierheim ein Gemetzel sondern auch auf unseren Strassen. Ich möchte mir garnicht ausmalen wenn die ganzen Hunde hier bei uns im Wald alle unkastriert wären.... der Friede unter den Hunden (und Haltern) wäre jedenfalls dahin!
Und ich weiß es mag hart klingen, aber es sind Hunde! Und die leben hier im Luxus mit wenn alles gut läuft vielen Spaziergängen, spielen, ausreichend Futter, den besten Plätzen auf der Couch, fahren mit in Urlaub und werden gehätschelt umsorgt und geliebt...
Und wenn sie kastriert sind aus meiner Erfahrung einfach friedlicher und freundlicher - was meinen Chefrüden nicht davon abhält im Notfall den Chef raushängen zu lassen und er wurde mit 8 Monaten kastriert um zu "überleben" (Dogge vesucht zu besteigen und Rottweiler weggebissen- Größe Standarddackel...)

Heike

Das überlege ich bei meiner kastrationskritischen Einstellung auch öfter:
liegt liegt es vor allem an der Zahl der kastrierten Hunde oder an der Aufklärung und dem veränderten Verhalten vieler Halter, dass Hundebegegnungen heute nicht mehr so angstbesetzt sind wie früher oft.

Nach meiner Beobachtung hat die positive Entwicklung mit dem Augsburger Modell des SV begonnen (Hundeführerschein auf freiwilliger Basis) und der Öffnung der Hundesportvereine für "normale" Hundehalter. Gleichzeitig wurden aber von TS-Vereinen keine(?) intakten Hunde mehr vermittelt.

Dann kamen bundesweit die Hundeschulen dazu...

[Britty]

ach so: ich vertraue in dieser Hinsicht auch eher dem Skalpell als der Bereitschaft und der Fähigkeit der Menschen zum friedlichen Miteinander.

[JuliWi]

Ich habe das Buch von Gansloßer vor einer ganzen Weile mal gelesen, kurz nach dem Erscheinungsdatum, muss etwa vier Jahre her sein.
Irgendetwas hat mich damals veranlasst, an Gansloßer eine Mail zu schreiben, ich wollte wissen, welche Erfahrungen er mit Hundegruppen wie etwa in Tierheimen gemacht hat (ich glaube irgendwo im Buch wird erwähnt, dass er in dieser Hinsicht ein Tierheim betreut oder Straßenhunde? Ist zu lange her und gerade habe ich auf die Schnelle die Stelle im Buch nicht finden können).

Bemerkenswerterweise habe ich nie eine Antwort erhalten, das fand ich sehr schade, denn das Thema ist wichtig und interessant. Und ich habe damals in Hinblick auf die frühen Kastrationen im Tierschutz, speziell in MC, gefragt.

Vielleicht würde ja eine Anfrage als Verein etwas bringen, Erfahrungen, Erkenntnisse, neue Gedanken...

LG Julia

[BirgitS]

Früher als noch weniger hunde, meist auf höfen, sich frei in der umwelt bewegen konnten war es bestimmt friedlicher. Da wurden die unerwünschten welpen halt noch ertränkt. Und die rüden waren tagelang auf wanderschaft zu den angebeteten hündinnen. Aber in dicht besiedelten wohngebieten, wo fast jedes haus von mind einem hund bewohnt wird (der trend zeigt dass mehrhundehaltung auf dem vormarsch ist) ist es mit intakten hunden einfach auch viel schwieriger. Ähnlich wie im tierheim. Die fläche ist einfach begrenzt. Da gibt es nicht nur einen erzfeind sondern gleich ne ganze reihe. Da jaulen gleich mehrere rüden die nächte durch wegen läufiger hündinnen. Am gartenzaun zum nachbarn gibts krach. Da wird man schon mehrfach von rüdenhaltern dazu aufgefordert woanders lang zu gehen mit ner läufigen hündin. Nicht jeder rüdenhalter sieht ein seinen hund abrufbar zu erziehen bei ner läufigen hündin. Spazierengegen im rudel, für hunde toll, artet in stress und frust bei den hunden aus die ihrem trieb ja nicht folgen dürfen. Natürlich kann ich markieren, besteigen, alles belecken, beschnüffeln, kommentkämpfe usw auch "wegerziehen". Aber ist das dann noch 'natürlich' ? Baut mE nach frust auf. Viele halter sind eben keine trainer oder gehen in hundeschulen. Will ich die alle belehren um nicht belästigt zu werden mit meiner läufigen hündin? Oder zu nächtlichen zeiten gehen? Wie oft ging ich schon mit fremden hunden als begleitung spazieren weil die meine läufige hündin netter fanden als ihre weit entfernten halter. Fand mein rüde auch nicht so toll. Und aufm sofa und im bett finde ich ne läufige hündin auch nicht sooo lecker.

[Bianca und Jill]

Und ich gebe mal zu Bedenken: Wenn sich unkastrierte Tiere von Natur aus zerfleischen würden, gäbe es die Straßenhundproblematik nicht.

Da möchte ich widersprechen. In Thailand sind sehr viele Hunde aufgrund Auseinandersetzungen gestorben. Natürliche Auslese nennt man das wohl, denn wenn jeder geborene Hund überlebt hätte ....

Viele Grüße
Bianca

[Frauke]

Ich habe das Buch von Gansloßer vor einer ganzen Weile mal gelesen, kurz nach dem Erscheinungsdatum, muss etwa vier Jahre her sein.
Irgendetwas hat mich damals veranlasst, an Gansloßer eine Mail zu schreiben, ich wollte wissen, welche Erfahrungen er mit Hundegruppen wie etwa in Tierheimen gemacht hat (ich glaube irgendwo im Buch wird erwähnt, dass er in dieser Hinsicht ein Tierheim betreut oder Straßenhunde? Ist zu lange her und gerade habe ich auf die Schnelle die Stelle im Buch nicht finden können).

Bemerkenswerterweise habe ich nie eine Antwort erhalten, das fand ich sehr schade, denn das Thema ist wichtig und interessant. Und ich habe damals in Hinblick auf die frühen Kastrationen im Tierschutz, speziell in MC, gefragt.

Vielleicht würde ja eine Anfrage als Verein etwas bringen, Erfahrungen, Erkenntnisse, neue Gedanken...

LG Julia

Bei uns im Norden hat es letztes Jahr einen Vortragsabend mit Udo Gansloßer gegeben und es waren insbesondere Tierschutzvereine eingeladen, da hätte man viele Fragen stellen können, aber von den angeschriebenen Vereinen ist kaum jemand da gewesen.
Das wäre insbesondere deshalb interessant gewesen, da Herr Gansloßer viele Zoos bezüglich der Geburtenregulation bereut, die ja in einem gewissen Maß auch kastrieren müssen.
Es ist keineswegs so, dass Herr Gansloßer Kastration strikt ablehnt, sondern es geht darum, sich der Folgen und Risiken bewusst zu sein. Mit der Sterilisation hat man immerhin die Möglichkeit eine weniger schwerwiegende Variante zu wählen.
Auch ist der richtige Zeitpunkt im Zyklus wichtig. Wie schon oft gesagt, manches ist im Ausland nicht umsetzbar, aber man sollte es zumindest wissen!

LG Frauke

[Rubinchen]

Mein Theo ist ja ein solcher "Frühkastrat". Fand ich auch nicht prickelnd, war aber für mich kein Grund ihn nicht zu nehmen. Habe darüber auch mit anderen Hundehaltern gesprochen und dabei gehört, daß der frühe Zeitpunkt der Kastration nicht unbedingt negativ zu werten sein. Der Streß für den Organismus durch eine Hormonumstellung entfällt und Begleiterscheinungen wie Kastratenfell oder Gewichtszunahme tauchen dadurch garnicht erst auf. Hat in dieser Hinsicht jemand noch Infos ?

Da mein vorheriger Collie bereits mit 8 Monaten kastriert wurde und knappe 16 Jahre alt wurde, mache ich mir ansonsten keine Sorgen. Auch Theos Entwicklung scheint nach meiner laienhafter Sichtweise ganz normal.

[JuliWi]

Ich möchte noch mal auf die Situation in MC oder generell in überfülten Tierheimen zurück kommen.
Für Hunde, die in überschaubarer Zahl gehalten werden, ist eine spätere Kastration/Sterilisation bestimmt die verträglichere Variante.
Im Tierheim aber halte ich das persönlich für eine schlechte Idee. Die Rüden bekommen die Hoden amputiert, nicht das Gehirn. Sie halten sich für potent, auch wenn sie es nicht mehr sind, insbesondere wenn man über Sterilisation spricht. Man produziert keinen weiteren Nachwuchs, alle anderen Probleme wie sexuelle Frustration, Konkurrenzdenken, Aggressionen vor diesem Hintergrund bleiben erhalten. Was gewinnt man dabei? Ziel ist doch auch, die Beißereien zu minimieren. Die gehen natürlich nicht ausschließlich auf die Potenz zurück, machen aber bestimmt einen nicht unerheblichen Teil aus.

[Anke Süper]

In Thailand sind sehr viele Hunde aufgrund Auseinandersetzungen gestorben.

Ja, aber sind sie gestorben weil sie unkastriert waren oder hätte es vielleicht auch unter Kastraten Auseinandersetzungen gegeben? Wie man in MC leider auch manchmal aufgrund achtlos über den Zaun geworfener Hunde erleben musste, kann es blutige bis tödliche Auseinandersetzungen auch aus anderen als hormonellen Gründen geben.

[helki]

Bei uns im Norden hat es letztes Jahr einen Vortragsabend mit Udo Gansloßer gegeben und es waren insbesondere Tierschutzvereine eingeladen, da hätte man viele Fragen stellen können, aber von den angeschriebenen Vereinen ist kaum jemand da gewesen.
Das wäre insbesondere deshalb interessant gewesen, da Herr Gansloßer viele Zoos bezüglich der Geburtenregulation bereut, die ja in einem gewissen Maß auch kastrieren müssen.
Es ist keineswegs so, dass Herr Gansloßer Kastration strikt ablehnt, sondern es geht darum, sich der Folgen und Risiken bewusst zu sein. Mit der Sterilisation hat man immerhin die Möglichkeit eine weniger schwerwiegende Variante zu wählen.
Auch ist der richtige Zeitpunkt im Zyklus wichtig. Wie schon oft gesagt, manches ist im Ausland nicht umsetzbar, aber man sollte es zumindest wissen!

LG Frauke

Ich bin zwar kein Tierschutzverein, aber ich muss ehrlich sagen, dass ich, wäre ich ein Tierschutzverein, wegen so mancher Äußerung von Gansloßer (so z.B. die von mir hier im Thread zitierte) auch nicht unbedingt seine Veranstaltungen aufsuchen würde. Da würde ich mich wirklich lieber von jemandem beraten lassen, der meine Arbeit als im Tierschutz Aktive nicht so wenig differenziert angreifen würde.

Ich hätte da irgendwie ein ungutes Gefühl, so eine Veranstaltung aufzusuchen. Und würde mir Fragen stellen wie: Werde ich da vielleicht vor versammelter Mannschaft wegen meines Tuns (für das ich ja durchaus Gründe habe) quasi an den Pranger gestellt? Hätte ich in dem Fall die Nerven, um ruhig zu bleiben oder würde ich Gefahr laufen, schnippisch zu reagieren und am Ende als hysterische und unbelehrbare Tierschutztante dazustehen (und so im Worst Case noch dem Ruf der im Tierschutz Aktiven ingesamt zu schaden)? Usw. usf.

Ich weiß, ich neige dazu, mir vielleicht ein paar zu viele Gedanken zu machen. Aber ist ja gut möglich, dass der/die eine oder andere der Eingeladenen sich auch solche oder ähnliche Gedanken gemacht hat und darum von einer Teilnahme abgesehen hat.

[gotamatoby]

In diversen Fortbildung bei Gansloßer habe ich ihn nicht einmal urteilend oder wertend erlebt.
Er hat ein immenses Wissen und teilt es uns mit.
Was wir daraus machen und welche Schlüsse wir daraus ziehen, bleibt uns überlassen.

In mir persönlich schlagen gleich mehrere Herzen zum Thema Kastration:

Ich bin Hundehalter, habe immer bereits kastrierte Hunde vom Tierschutz/ Züchter übernommen,
den beiden aktuellen hätte ich die Kastration gerne erspart, Linus leidet unter Allergien und SDU und wurde lange massiv von Rüden belästigt.
Theo wurde spät erwachsen, seine frühere unverdorbene Fröhlichkeit schlägt nun oft in Unsicherheit um. Auch er wird gerne von jungen Rüden bedrängt.

Dann bin ich im Tierschutz für verschiedene Orgas tätig. Da kann ich oft die Notwendigkeit zur Kastration erkennen,wenn auch nicht absolut.
Grade das Thema Frühkastration macht mich nicht glücklich, meine Konsequenz daraus ist, nur Hunde aufzunehmen, die nachweislich erst im Erwachsenenalter kastriert wurden.
Meine vorletzte Pflegeline kam frisch belegt bei uns an. Auch nicht witzig, auch wenn die Babies klasse waren. Aber das hätte nicht sein müssen.

Und ich arbeite mit MenschHundTeams in beratender und unterstützenden Funktion. Da trifft mann die komplette Bandbreite: Hunde, wo die Kastration für alle hilfreich war, Wesensveränderungen bis hin zur Unsicherheit und Aggression, keine merklichen Veränderungen...undundund

Deshalb fällt es mir schwer, eine klare Meinung zu dem Thema Kastration zu haben.
Beim Thema Frühkastration habe ich nur bedingt Verständnis, aber da es die Gegebenheiten vor Ort unumgänglich machen, lebe ich gut mit meiner Entscheidung, keine frühkastrierten Hunde aufzunehmen und/oder zu vermitteln.

[Frauke]

Mir geht es genau wie Anja und auch ich habe bereits mehrere Seminare von Udo Gansloßer besucht. Auch ich habe nie erlebt, dass er sich pauschal gegen Tierschützer geäußert hätte und sein Wissen ist breit gefächert (keineswegs nur auf Kängurus beschränkt).
Für mich sind das wissenschaftlich nachvollziehbare Fakten und ich finde es einfach nicht richtig, diese zu ignorieren, nur weil einen einzelne tatsächlich oder nur eventuell geäußerte Bemerkungen stören oder diese Meinung im Kontrast zum eigenen Handeln steht.

Ich halte es da wie Anja. Wenn ich mich informiert habe, dann kann ich die Information für mich bewerten und meine Schlüsse daraus ziehen.
Ich habe durchaus schon Seminare besucht oder Bücher gelesen und hinterher gesagt: Selten so einen Quatsch gehört und Geld zum Fenster hinausgeworfen! Bei Gansloßer war das aber definitiv nicht der Fall.

Ich habe schon frühkastrierte Hunde aufgenommen, aber mit einem sehr schlechten Gewissen und werde wohl in Zukunft auch nur noch ältere Hunde in Pflege nehmen, die nicht frühkastriert sind.

Liebe Grüße
Frauke mit Jaro, Ruby, Viktor, Mika, Pflegehund Henry, Patenhund Valcur

[Charlotte_Egger]

Ich habe schon frühkastrierte Hunde aufgenommen, aber mit einem sehr schlechten Gewissen und werde wohl in Zukunft auch nur noch ältere Hunde in Pflege nehmen, die nicht frühkastriert sind.

Zum Glück denken nicht alle so, sonst hätten die Welpen aus MC überhaupt keine Chance auf Vermittlung! Ich habe schon länger auch nur ältere Hunde aufgenommen, aber nicht deswegen.

Vieles, was ich hier lese, muss nicht unbedingt auf die Kastration zurückgehen - Hunde sind unterschiedlich und vielleicht hätten viele unkastriert die gleichen Probleme. Ich finde es schon etwas vereinfachend, alles auf die Kastration zu "schieben".