Anja & Dori & Miro wrote:TinaT wrote:Aber ich glaube Simone wollte damit eh keine Diskussion lostreten

Ich finde es trotzdem ein wichtiges Thema und wollte es selbst schon lange mal ansprechen. Bin aber ja noch recht neu hier und wollte mich nicht gleich unbeliebt machen

... Ich schätze die Arbeit von Bruno Pet sehr und Bruno Pet steht immer auf dem 1. Platz der von mir empfohlenen Tierschutzorganisationen. Die Kastration von sehr jungen Hunden, die kurz vor der Ausreise stehen, ist das einzige, wo ich absolut nicht hinter stehen kann. Dass Hunde, die länger im Tierheim bleiben, kastriert werden müssen, eben leider auch schon sehr früh, das verstehe ich vollkommen!
Das Argument, ein unkastriert vermittelter Hund könnte Nachwuchs zeugen oder bekommen, ist aus Tierschutzsicht verständlich, aber im Alltag sind das wohl eher die Ausnahmen.
Seit es die Möglichkeit gibt, Rüden mittels Chip für ein paar Monate "auf Probe" zu kastrieren, hatte ich schon mehrere Fälle, bei denen es verhaltenstechnisch eine Verschlechterung gab (besonders bei ängstlichen Hunden) und wo dann z.B. von einer Kastration abgesehen wurde - zum Wohle des Hundes. Natürlich gibt es auch Hunde, denen es nach einer Kastration besser geht. Wichtig ist mir immer, die Entscheidung bei jedem Hund individuell zu treffen, sich vorher sehr gut zu informieren und Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen.
Ich habe gerade diese Post noch einmal in Ruhe gelesen und mir geht es ganz genauso. Auch ich bin von der Brunopet-Arbeit absolut begeistert und überzeugt. Ich habe allerdings mit der Frühkastration auch ein Problem.
Auslöser mich überhaupt mit Kastration zu beschäftigen und diese in Frage zu stellen, war unser Pflegehund Henry. Er war ursprünglich bei einer anderen Tierschutzorganisation in der Vermittlung. Nachdem sich ein Zuhause in Deutschland für ihn fand, wurde er für die Ausreise vorbereitet und kastriert. Angesichts seiner schwierigen Vorgeschichte hat er definitiv schon Defizite gehabt, aber nach der Kastration zeigte er zunehmend aggressives Verhalten (nicht nur an der Leine).
Bei Udo Gansloßer/Strodtbeck findet man gut verständliche Erklärungen bezüglich des Cortisol-Stresssystems und da wirkt das Testosteron eben als Gegenspieler des Stresshormons Cortisol.
Hat man nun einen Hund, der wenig kennt und in diesen Situationen viel Cortisol ausschüttet, dann ist unter Umständen das fehlende Testosteron für eine Angstaggression sozusagen das Zünglein an der Waage. Wir erleben hier jeden Tag wieder, wie die kleinsten Umweltreize den Henry völlig aus der Fassung bringen können und das hat in der Form erst nach der Kastration begonnen. Die Organisation hat ihn danach nicht mehr vermitteln wollen und wir haben ihn schließlich persönlich in Polen abgeholt. Wir sind sicher, dass Henry noch alles nach und nach lernen wird, aber es ist unendlich mühsam für ihn und uns und mit ein wenig Mut (Testosteron) hätte er es da leichter).
Ich gebe Anja recht, in den Ursprungsländern der geretteten Hunde und den Tierheimen lässt sich vieles ohne Kastration nicht machen, aber Abschaffung der Frühkastration wäre auch für mich eine Herzensangelegenheit.
Ich habe nur Hunde aus dem Tierschutz, aber auch ich würde keinen Frühkastrierten auswählen.
Allerdings bin ich auch sicher, dass es dann immer wieder mal hier Nachwuchs gäbe, das muss ich der Ehrlichkeit halber zugeben, entweder Unfälle oder weil der eigene Hund so toll ist, dass man noch einen "Ableger" möchte. Da gibt es immer wieder Unbelehrbare.
Letzten Endes ist es ein Kompromiss und jeder muss sich da entscheiden.
Angesichts der vielfältigen Folgen einer Frühkastration, die für mich einfach aus biologischer Sicht erkennbar und nachvollziehbar sind, bin ich persönlich gegen Frühkastration, habe aber das Elend vor Ort auch nicht täglich vor Augen, somit ist sicherlich meine Bewertung eine andere.
Ich freue mich trotzdem, dass diese Diskussion aufgekommen ist und somit beide Seiten (Pro-und Kontra-Kastration)
ihre Position noch einmal überdenken können.
Vielleicht gibt es dann ja doch einmal die Möglichkeit, diese spezielle Vorgehensweise zu überdenken.
Was Hundeverhalten angeht ist das erwähnte Buch ein echter Augenöffner!
LG ganz besonders an die, die nicht mit mir einer Meinung sind, denn im Endeffekt wollen wir das Gleiche erreichen, eine
Hilfe für die Hilflosen. Selbst wenn man nicht in allen Punkten einer Meinung ist, so ist doch das angestrebte Ziel das gleiche.
Frauke und Schnuffis